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Text ERIKA THIMEL als
ALOIS STADLHUBER
erschienen in CABRIOlife
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EIN BAYER IN SEENOT
Warum sollte ein Bayer verreisen? Was sein Herz begehrt, hat er vor der Haustür:
Biergärten, Berge und Seen. Alois Stadlhuber ist überzeugt: Es kann nirgendwo
schöner sein. Nur seiner Freundin Moni zuliebe fährt er mit dem Cabriolet
und einem Koffer voller Vorurteile an die Ostsee. Dort erlebt er sein blaues Wunder.
Es fängt damit an, dass Moni mit seinem Cabriolet abhaut.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Spinnst du? Du Luder!
Servus Moni, du Luder, wenigstens mein Cabriolet
hättest mir lassen können. Wie soll ich jetzt an den
Chiemsee zurück? Ja spinnst denn du, einfach abhauen
und mich hier sitzen lassen, in Ostholstein, an
der Ostseeküste. Im Biergarten hättest dich verabschieden
können, aber nicht hier. Der Wind pfeift mir ins Genick
und die Möwen plärren. So was gibt es in Bayern
nicht, aber du wolltest ja partout an die Ostsee, so wie du
alles immer partout willst. Nur mich nicht. Es hat lange
gedauert, aber jetzt habe ich es begriffen.
Von meiner eigenen Freundin an
der Ostsee ausgesetzt, das ist hinterhältig,
da merkt es wirklich jeder. Ich
hätte es mir ja gleich am Anfang
denken können, als du beim „Bauernsepp“
in deinem Minirock angetanzt
bist. Meine Spezis haben
gleich gesagt, dass du zu fesch für
mich bist und nichts von mir
willst, höchstens mein Cabriolet.
Jetzt hast du es, meinen BMW Z4
Roadster. Weißt du eigentlich,
wie lange ich dafür gearbeitet
hab? Das ist dir wurscht, ich
weiß. Gestern Abend stand
mein Roadster noch vor der
Pension und am Morgen war
er weg – und du mit ihm.
Hättest du nicht mit einem
Preußen abhauen können
und mein Cabriolet da lassen?
Einen Zettel hast mir auf den Frühstückstisch gelegt,
neben meine Kaffeetasse: „Genieße deine Freiheit!“ Vermutlich
haben es alle gelesen. Ich kam schließlich wie immer
als Letzter. „Nicht wie immer“, würdest du jetzt sagen,
es gab ja wenige Momente, da kam ich etwas früher als du,
immer dann, wenn du mich tagelang auf Abstand gehalten
hast. Ich schick die Email jetzt ab. Ab sofort nicht mehr
„Dein“ Alois. Und nur damit du es weißt: Was du gemacht
hast, ist unverzeihlich.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Der Erwin hat schon Recht
Servus Moni, „a so a Matz!“ Das hat mein Spezi Erwin immer
über dich gesagt und jetzt weiß ich, dass der Erwin
wirklich ein guter Freund ist und nicht nur eifersüchtig
war, weil er nicht so eine schöne Freundin hatte, sondern
nur die Agnes. Sie ist ja wirklich nett, die Agnes, aber „nett
ist die kleine Schwester von Scheiße“ hast du immer gesagt
und da hast du schon Recht gehabt, Moni. Moni. Moni.
Moni! Du Luder hast mich an der Ostsee ausgesetzt, in
der Lübecker Bucht. Jetzt schau ich mir mal an, was ich eigentlich
nicht sehen will, aber wo ich eh schon einmal da
bin. Schadet ja nicht und schlimmer kann es sowieso nicht
mehr werden. Fahr ich halt nach Lübeck – mit einem Leihwagen.
Und du wolltest mich unbedingt heiraten. „Vertrauenssache“,
das ich nicht lache, du hast mein Vertrauen
missbraucht und jetzt missbrauchst du mein Cabriolet.
Ich darf gar nicht daran denken, wie du mit der
Kupplung umgehst. Probier es mal mit Gefühl, das ist
doch die Spezialität der Frauen. Ich schick die Email
jetzt ab, du brauchst gar nicht zu antworten. Der Alois.
Ich hab übrigens auch Gefühle und du hast sie verletzt.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Ich krieg noch einen Vogel!
Lübeck, „die Königin der Hanse“, du Moni, da hätte
es dir auch gefallen. So eine Hansestadt haben wir in
Bayern ja nicht. Schade. Ich war am Holstentor, das
kennst du von den alten 50-Mark-Scheinen, du hast anderen
ja schon immer gerne das Geld aus der Tasche gezogen.
Am Marktplatz habe ich bei Niederegger Marzipan
für dich gekauft, aber da du es nicht verdient hast, habe
ich es selber gegessen. Gut war’s. Morgen fahre ich an den
Strand, ins alte Ostseebad Dahme. Hast du eigentlich gewusst,
dass man die Lübecker Bucht auch Deutschlands
Riviera nennt? Die Riviera, da wolltest doch auch immer
hin. Und wo bist jetzt? In meinem Cabriolet. Ich krieg noch
einen Vogel! Alois. Bei mir piept es wohl und bei dir erst.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Mein blaues Wunder
Du Moni, Kilometerlange, feinsandige Strände, so etwas
gibt es in Bayern nicht. Ich hab mir einen Strandkorb
gemietet, an der Strandpromenade ein kaltes
Pils gekauft und aufs Meer geschaut, dabei habe ich
fast gar nicht an dich gedacht und auch nur selten an
den Chiemsee, aber öfters an mein Cabriolet. Irgendwie
ist es hier schön, richtig bärig. Seebärig. Das verstehst
du jetzt wahrscheinlich wieder nicht. Meine
Wortwitze hast du ja noch nie schätzen können. Wieso
sagt man hier eigentlich See zu so etwas Großem
wie dem Meer? Verstehe mir einer die Preußen. „Am
Meer erlebst du dein blaues Wunder“, hast du daheim
zu mir gesagt. Hast du damals schon geplant, mich
hier sitzen zu lassen oder hast du von deinem Heiratsantrag
gesprochen? Von wegen Antrag, das war
ein Überfall. du hast mir das Messer auf die Brust gesetzt.
Da muss sich ein Mann wehren. Das ist ein Reflex.
Reine Selbstverteidigung. „Warum denn?“ war
doch keine schlechte Antwort, sondern eine berechtigte
Frage. Ich hätte auch „Nein“ sagen können, das
hab ich aber nicht. Wenn ich es mir genau überlege, wäre
auch ein „Ja“ möglich gewesen. So ein Schmarrn! Ich
heirate doch keine Frau, die am Morgen nach dem Antrag
mein Cabriolet klaut. Damit bist du zu weit gegangen. Das
hast du nun davon. Keinen Mann! Ich drück jetzt auf Senden.
Alois, ich wäre der Mann für dich gewesen.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Nur um der alten Zeiten willen
Servus Moni, ich war auf der Insel Fehmarn, mit meinem
Leihwagen. Da kommst hin, wenn du über eine
lange Brücke fährst. Die Hauptstadt heißt Burg und
da schaut es ganz anders aus, als bei uns. Mei, war es
da schön! Ich hab die beste Fischsemmel meines Lebens
gegessen, viel besser als die auf dem Rosenheimer
Herbstfest. Fisch können die Norddeutschen.
Merkst eigentlich, dass ich nicht mehr Preußen
schreibe? Weil sie hier alle so freundlich sind, sogar
zu einem Bayern wie mir. Du, ich mag die Norddeutschen.
Am Abend habe ich der Sonne beim Untergehen
zugeschaut.
So ein romantischer
Sonnenuntergang –
und ich hatte ein Pils in
der Hand. Alkoholfrei,
wegen dem Leihwagen.
Moni, da hätte ich
dich dann doch fast vermisst
und ein gescheites
Weißbier auch. Dein Alois –
nur um der alten Zeiten willen
schreib ich ausnahmsweise „Dein“.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Ich spiel in der ersten Liga
Moni, das hättest du mir doch gleich sagen können:
Hier gibt es richtige Seen, mit einem Ufer an allen Seiten.
Ich war heute am Großen Plöner See in der Holsteinischen
Schweiz und hab mir ein Fahrrad geliehen.
Jetzt habe ich Muskelkater und ein bisschen
Sehnsucht nach dir, aber ich muss nur an mein Cabriolet
denken, dann ist die Sehnsucht nach dir wieder
weg. Mach mir bloß keinen Kratzer rein! Übrigens
war ich auch noch in Eutin, die Stadt hat schon immer
Künstler und Intellektuelle angezogen. Da siehst
du einmal, in welcher Liga ich spiele. du brauchst
mich nicht mehr aufziehen, nur weil du ein bisschen
mehr und schneller liest, als ich. Eutin, ich sage nur
Eutin. Alois Eutin! Hier gibt es auch viele Rosen, das
hätte dir gefallen. Eutin wird auch Rosenstadt genannt.
So, jetzt weißt du es. Ich weiß es schon viel länger.
Der schlaue Alois. Senden.
An ›› Moni
Von ›› Alois
Betreff ›› Dann heiraten wir halt
Liebe Moni, also irgendwie ist es schon schöner zu
zweit, gerade, wenn es so schön ist wie hier. Ich gebe
es jetzt ganz offiziell zu: An der Ostsee ist es so schön
wie in Bayern, nur eben anders. Ja, es war richtig, in
den Norden zu reisen, aber es war absolut falsch, dass
du mit meinem Cabriolet abgehauen bist. Na ja, vielleicht
gehört es eh bald dir. Ich hab mir nämlich was
überlegt. Du bist zwar eine Matz, aber du bist halt
doch meine Moni. Wenn du unbedingt heiraten
willst, dann heiraten wir
halt. Mein Cabriolet hast
du ja schon. Gibt es einen
größeren Liebesbeweis?
Nein. Na also! Du checkst
jetzt besser deine Emails,
tankst unser Cabriolet
voll und kehrst um. Es gibt
hier wirklich viel zu sehen!
Dein Alois – Ich kauf dir
jetzt einen Ring und dann
will ich ein „JA!“ hören.
Du Luder du!
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