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Text ERIKA THIMEL
Fotos CABRIOlife
erschienen in CABRIOlife
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VON ALLEM EIN BISSCHEN MEER - DER CHIEMSEE
Er sticht sie alle aus: Den Starnberger See, den Ammersee, den Pilsensee
und die anderen großen Pfützen. Insgesamt machen sich über 60 Badeseen
im Voralpenland breit. Da muss man sich entscheiden, an welchen
man fahren will. Für den Chiemsee gibt es zehn gute Gründe und mehr....
1. Er ist der Größte
Er misst rund 80 Quadratkilometer und ist bis zu
73 Meter tief. Das macht ihm in Bayern keiner nach.
2. Er verspricht Meer
Die Wasserfläche erscheint unendlich, der Wind
streichelt Wellen herbei und die Sonne zaubert Glitzersterne darauf. Näher
kann man in Bayern dem Gefühl am Meer zu sein nicht kommen.
3. Er ist sauber
Die Wasserqualität des Chiemsees ist gut bis sehr gut.
4. Er hat ein Schloss
König Ludwig II. hat sich eine Kopie von
Versailles auf die Herreninsel bauen lassen. Inklusive Spiegelsaal.
5. Er ist ziemlich flatterhaft
Der Chiemsee zählt zu den artenreichsten
Vogelgebieten Deutschlands. Rund 350 Vogelarten fliegen hier
umher und zwitschern. Darunter so seltene Exemplare wie das Blaukehlchen
und der Schwarzhalstaucher.
6. Die Fraueninsel gehört ihm
Touristen aus aller Welt beneiden
ihn um dieses idyllische Fleckchen Insel, aber sie gehört nun einmal zum
Chiemsee. Genau wie das hübsche Kloster darauf.
7. Er hat attraktive kleine Brüder
Zum Beispiel den Langbürgner
See und den Hartsee. Die beiden verstecken sich im Naturschutzgebiet
und schmeicheln Schwimmern mit ihrem warmen, weichen Wasser.
8. Er sorgt für leckeres Essen
In seinem klaren Nass wachsen Renken,
Forellen und Saiblinge heran. Wenn sie groß sind, werden sie aufgespießt
und über Holzkohlen gegrillt. Einen neuen Namen bekommen
sie auch: „Steckerlfisch“.
9. Er sieht von allen Seiten richtig gut aus
Und damit Cabrio-
Fahrer das genießen können, führen traumhafte Landstraßen rund um
den Chiemsee. Bergkulisse inklusive.
10. Er ist maßlos romantisch
Das beweist er immer wieder aufs Neue
mit einem traumhaften Sonnenuntergang. Idealer Schauplatz: Übersee.
HEUTE EIN KÖNIG.....
Hier sind Sie richtig! Im Chiemgau spielt
Bayern seine stärksten Trümpfe aus:
Glühende Berge, glitzernde Seen und bunte
Blumenwiesen. Der Wind trägt das Aroma von
Margariten, Kornblumen, Mohn und Lichtnelken
in Ihr Cockpit. Klappen Sie das Verdeck
herunter und atmen Sie den Duft. Tief und
genussvoll. Im Chiemgau können Sie sich an
der Nase herumführen lassen. Nicht nur das.
Diese Tour wird alle Ihre Sinne ansprechen.
Morgens küsst Sie die Sonne, ein wolkenloser Himmel grüßt. Die Luft
verspricht Freiheit und Abenteuer. Es gibt ihn, den perfekten Tag! Krönen
Sie ihn mit einer Cabrio-Tour durch den Chiemgau. Bayerns Pracht begrüßt
Sie auf der Autobahn. Auf der A8 München Richtung Salzburg
brausen Sie über den Irschenberg der Naturschönheit entgegen und nehmen
die Ausfahrt Frasdorf. Gleich am Ortseingang hat der „Anderlbauer“
seinen Hofladen gebaut. Wem es gelingt, seine massive Holztüre aufzudrücken,
der kann seinen Picknick-Korb mit Bio-Spezialitäten aus der
Region füllen, z.B. mit dem köstlichen Chiemgauer Schafskäse.
Vorausschauende finden jetzt schon Souvenirs bei der Schnapsbrennerei
Johann Guggenbichler: erstklassige Obstbrände ohne Zusätze. Ihre Qualität
verdanken sie den Äpfeln und Birnen aus eigenem Anbau und dem
mineralhaltigen Wasser der hauseigenen Quelle.
Weiter geht’s den Samerberg hinauf ins malerische Dorf Törwang. Direkt
neben der Kirche steht ein Bauernhof und ein paar Häuser weiter serviert
der „Entenwirt“ seine Spezialität: Bayerische Bauernente mit Kartoffelknödel
und Blaukraut. Ein Entenbier aus dem Fass rundet den
deftigen Genuss ab – zumindest für den Beifahrer.
Zurück im Cabriolet steuern Sie den Aussichtspunkt Obereck an. Machen
Sie sich auf ein Déjà-vu gefasst. Der idyllische Ort könnte Ihnen bekannt
vorkommen – aus Film und Fernsehen: Die kleine Kapelle im
Schutz der imposanten Luitpold-Eiche nutzen Regisseure gerne als
Schauplatz für schicksalhafte Begegnungen und romantische Stelldicheins.
Schließlich bietet der Ort einen einzigartigen Panoramablick ins
Inntal und den Chiemgau. Mystisch gestimmte Menschen sprechen vom
Obereck als Kraftort, der hilft, die eigene Mitte zu finden. Nicht umsonst
führt der bayerische Jakobsweg direkt daran vorbei.
Der Bauer Michael Huber, dem ein Zehntel der Kapelle gehört, bringt
die Magie auf den Punkt: „Der Baum, das Kreuz, die Kapelle, hier gehört
alles zusammen.“ Gemeinsam mit den neun anderen Miteigentümern
kümmert er sich um das Kleinod. „Jedem von uns gehört ein Quadratmeter
und jedes Jahr kümmert sich ein anderer um die Kapelle. Das
heißt: Unsere Frauen kümmern sich darum. Sie verwalten auch das Geld
aus dem Opferstock.“ Eine kleine Spende ist willkommen.
DIE MUNDART
Im Freistaat gibt es drei große Dialektgruppen: Bairisch, Fränkisch und
Schwäbisch. Von den rund zwölf Millionen Bayern können sich rund
zwei Drittel in ihrer Mundart verständigen. Bairisch spricht man in Oberund
Niederbayern sowie in der Oberpfalz. Typisch für das Baierische sind
seine Zwielaute aus zwei direkt aufeinander folgenden Vokalen.
Während die deutsche Standardsprache nur drei Zwielaute, so genannte
Diphthonge, kennt: „ei“, „eu“, „äu“ und „au“, kommen in der bairischen
Mundart 24 vor. Auf den guten Ton kommt es an: Im Bairischen verrät
oft nur er, was wirklich gemeint ist. „Ja mei“ kann beispielsweise alles bedeuten.
Gedehnt und mit steigender Tonlage drückt es freudiges Erstaunen
aus. Tief, schnell und scharf hervorgepresst eher ärgerliche
Ablehnung. Auch beim Wort „Luada“ (Luder) wird klar, wie wichtig der
richtige Ton ist. Sanft und gedehnt heißt es so viel wie „liebster Schatz“.
Schnell und verächtlich ausgedrückt ist es eine aggressive Beleidigung.
HOCHDEUTSCH KOMMT AUS DEM SÜDEN
Überraschung: Das Hochdeutsche kommt aus dem Süden. Schließlich
haben die Norddeutschen ihre Sprache von den Völkern im Süden gelernt.
Noch im 16. Jahrhundert unterhielt man sich im Norden
Deutschlands auf „Niederdeutsch“ und im Süden auf „Hochdeutsch.“
Das prägende Werk der deutschen Sprache, die Bibel, übersetzte Martin
Luther ins Hochdeutsche. Der Grund: Der Süden war wirtschaftlich
stärker als der Norden und die Verbreitung seines Werkes dadurch
einfacher. Um die Luther-Bibel zu lesen, mussten die Norddeutschen
das Hochdeutsche wie eine Fremdsprache lernen. Deshalb herrscht dort
heute ein Dialekt, der sehr nahe am Schriftdeutschen ist.
KUNSTVOLLE LIEBESGABEN
Siegfried Stuhlmüller pflegt in Riedering ein altes bayerisches Kunsthandwerk
– und Beziehungen. Bei ihm finden Sie handgeschnitzten
Schmuck, einzigartige Knöpfe und griffige Messer.
Konzentriert kratzt Siegfried Stuhlmüller mit einer Nadel am Ohr des
Gamsbocks. Feine Späne fallen auf seine Arbeitsfläche. Der Mann weiß,
was er tut. Seit zwei Jahrzehnten pflegt er das altbayerische Kunsthandwerk
des Hornschnitzens. Im Regal liegt sein Arbeitsmaterial: Wuchtige
Hörner von wilden Tieren, in allen Größen und Farbnuancen.
Aus Hirschgeweihen schnitzt der Kunsthandwerker Schmuckstücke,
Messergriffe, Gürtelschließen, Knöpfe und Skulpturen. „Das Horn des
Rothirsches lässt sich am besten verarbeiten, weil es am härtesten ist“, erklärt
er. Seine Kunststücke schmücken später Dirndl, Lederhosen und
Trachtenhüte, denn Hornschmuck ist eine bayerische Liebesgabe.
Der Mann schenkt der Frau ein Edelweiß und drückt damit aus, dass er
alles für sie wagen würde. Der Hintergrund: In der Natur blüht die Gebirgsblume
auf hohen, steilen Felsen. Wer es dort pflückt, setzt sein Leben
aufs Spiel. Die Frau revanchiert sich mit einem Gamsbock zum Anste -
cken. „Die Gams symbolisiert Jagdglück, weil sie so schnell und gewandt
ist“, erklärt Stuhlmüller, dessen Handwerk aus der Jagd kommt. Früher
haben die Jäger im Alpenraum ihre Trophäen zu Schmuckstücken verarbeitet,
heute beherrschen nur noch wenige diese Kunst.
Vorsichtig wischt Stuhlmüller die Späne vom Gamsbock und mustert
sein Werk. Ein feines Haar fehlt noch. Er kratzt es ins Fell des Tieres. Jetzt
ist der Künstler zufrieden. Der Gamsbock wirkt lebendig, spitzt die
Ohren, scheint bereit zum Sprung.
Öffnungszeiten der Hornschnitzerei Stuhlmüller:
Di. – Fr. 9:00 – 12:00 Uhr / 13:00 – 18:00 Uhr
Sa. nach Vereinbarung. Mo. geschlossen.
Rosenweg 3a, D-83083 Riedering
www.hornschnitzerei-stuhlmueller.de
MYTHOS MÄRCHENKÖNIG –
KÖNIG LUDWIG II. (1845 – 1886)
„Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen“, erklärte sich der Bayernkönig. Seine fantasievollen
Schlösser erzählen seinen Traum von einer anderen, besseren Welt.
Ludwigs Mutter beschrieb ihren Prinzen als kreatives Kind, das gerne Theater spielte, Bilder
liebte und außerordentlich großherzig war. Die begeisterte Bergsteigerin nahm ihren Sohn
schon früh mit auf die Gipfel und weckte seine Naturverbundenheit.
Als das Königskind 18 Jahre war, starb sein Vater und Ludwig wurde relativ unvorbereitet auf
den Thron gezwungen. Zu Beginn seiner Regentschaft widmete er sich eifrig den Regierungsgeschäften,
später überließ er diese seinen Ministern und gab sich seiner Kunstliebe, Musikbegeisterung
und Bauleidenschaft hin.
„Er war der schönste Jüngling, den ich je gesehen habe“, schwärmte die Schriftstellerin Clara
Tschudi. Der 1,91 Meter großer König war ein begehrter Junggeselle. Doch keine Frau eroberte
sein Herz. Mit seiner Cousine Kaiserin Elisabeth von Österreich lebte er eine innige Freundschaft,
bis er die Verlobung mit ihrer Schwester Sophie Charlotte löste. „ ... der Gott meines Lebens
aber ist, wie Du weißt, Richard Wagner“, entschuldigte Ludwig sich.
Die Welt der Musik und der alten Sagen war Ludwigs liebster Aufenthaltsort. Er identifizierte
sich mit Parzival, der dank Reinheit und Glauben zum Gralskönig und damit zum Erlöser
wurde. Immer mehr zog er sich in seine Träume zurück. München war ihm inzwischen verhasst,
seine Aufgaben nur noch eine Belastung. Menschen versuchte er zu meiden. Ludwig
schlief am Tag und lebte in der Nacht. Legendär sind seine nächtlichen Schlittenpartien im
Kerzenschein.
Die andere Seite des Königs: Ludwig II. interessierte sich brennend für technologische Entwicklungen
– und träumte vom Fliegen. Dieser Traum sollte Jahre später als Beweis seiner
„Geisteskrankheit“ gelten. Doch schon 1891, fünf Jahre nach dem Tod des Königs, hielt sich
Otto Lilienthal mit seinem Fluggerät als einer der Ersten über hunderte von Metern in der Luft.
Mit 40 Jahren war der einst so schlanke, schöne Bayernkönig ein dicker, kranker Mann, den
Bauschulden drückten und der ohne Opium nicht einschlafen konnte. Seine Regierungsaufgaben
interessierten ihn nicht mehr. Die Mächtigen in München reagierten: Sie ließen den
König für verrückt erklären – ohne eine psychiatrische Untersuchung. Am 13. Juni 1886 ertrank
König Ludwig II. im Starnberger See. Ob es Selbstmord war oder ein Attentat, ließ sich nie klären. Für viele Bayern ist aber Ludwig II. bis heute ihr "Märchenkönig" ihr "Kini".
FRENCH CONNECTION
Ludwig II. wusste, wo sein Land am schönsten ist. Die besten Plätze markierte
der bayerische König mit heute weltbekannten Schlössern. Sein
Prachtstück verwirklichte der Monarch mit Schloss Herrenchiemsee.
Die Bauvorlage steht im Pariser Vorort Versailles: Das Schloss des „Sonnenkönigs“
Ludwig XIV. Der Franzose schuf ein architektonisches
Meisterwerk und seine maßstabgetreue Kopie steht mitten im Chiemgau.
Alles begann an Ludwigs 29. Geburtstag im August 1874. Anstatt im
heimischen München zu feiern, zog es den eigenwilligen König nach
Frankreich zum Schloss Versailles. Er verehrte den Sonnenkönig. Die Folgen
waren gewaltig: Ludwig wollte das gleiche Schloss wie sein Vorbild.
Den idealen Standort besaß der König bereits. 1873 hatte er die Insel Herrenchiemsee
gekauft. Für die hervorragende Lage zahlte er 350.000 Goldmark.
Seinen Ruf ein Verschwender zu sein, festigte der König endgültig
beim Bau des Projekts. Zwar finanzierte er seine Schlösser aus der Privatschatulle,
doch die war bald leer und die Schulden wuchsen. Dafür
füllten sich die Kassen der Münchner Handwerker. Nicht zuletzt durch
die königliche Baulust entwickelte sich die Landeshauptstadt zu einer
europäischen Kunstgewerbe-Metropole. Auch die Menschen im Chiemgau
profitierten von der königlichen Baulust: Straßen wurden angelegt,
die Menschen bekamen Arbeit. Zeitweise waren 300 Leute auf Herrenchiemsee
beschäftigt.
Pedantisch überwachte Ludwig ihre Fortschritte. Jeder Farbton sollte der
Vorlage gleichen, jeder Lüster identisch sein. Nur beim Bau der berühmten
Spiegelgalerie gestattete seine Majestät eine Ausnahme: Der prächtige
Saal ist mit 98 Metern 23 Meter länger als das französische Vorbild.
Trotzdem wurde er nur einmal genutzt – beim einzigen Aufenthalt des
Königs in seinem neuen Schloss. Da zündeten die Bediensteten über 2000
Kerzen an. Ihr Glanz vervielfachte sich in den Spiegeln. Goldenes Licht
durchflutete den Raum – und umfing einen einsamen Menschen. Es war
der König. Der Mann, der seine Bauwerke als „Hauptlebensfreude“ empfand,
freute sich allein.
Heute ist es vorbei mit der Einsamkeit: Das Schloss Herrenchiemsee ist
für Besucher geöffnet, im Spiegelsaal finden regelmäßig Konzerte statt –
und trotzdem hat Ludwigs Insel nichts von ihrer Schönheit eingebüßt.
www.herrenchiemsee.de
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