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Text ERIKA THIMEL
Fotos ANDREJ GLUSGOLD
erschienen in MERCEDES MAGAZIN |
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IN HÖHEREN SPHÄREN
Mariss Jansons kann mit dem Taktstock zaubern. Für diese Kunst wurden
der Maestro und sein Orchester jüngst mit einem Grammy ausgezeichnet.
Das Ensemble liebt den Dirigenten für seine Musik und seinen Führungsstil.
Alles schaut auf den jungen Mann an
der Pauke. Der Chefdirigent wünscht
sich eine andere Schlagkraft von ihm. „Sanfter,
leichter, geben Sie mir etwas vor“, sagt
Mariss Jansons. Der Pauker probiert verschiedene
Schlägel aus. Ihre Köpfe sind aus
Flanell oder Filz — je weicher desto sanfter
der Ton. Jansons lauscht aufmerksam.
Schlag für Schlag. „Gut!“ Jetzt stimmt die
Nuance. Und die außerordentlich hohen
Ansprüche des Maestros sind erfüllt. Zumindest
für einen Paukenschlag.
Mariss Jansons hat die Musik im Blut.
Sein Vater war der berühmte Dirigent Arvid
Jansons, seine Mutter Sängerin. Beide arbeiteten
an der Oper in Riga. Als ihr Sohn drei
Jahre alt war, nahmen sie ihn mit zu Vorstellungen.
Sie hatten keinen Babysitter und
dem Jungen gefiel es. Zuhause inszenierte
sich der Filius als Dirigent. „Ich habe immer
Musik gespielt“, erinnert sich Jansons. Doch
es war ein weiter Weg vom jungen Musikus
zum Maestro, dessen große Gabe es ist, aus
dem Können vieler Individuen ein perfektes
Ganzes zu formen.
Ein Gespür für diese Gabe bekommt, wer
lauscht, wie sich das Symphonieorchester
des Bayerischen Rundfunks auf die Probe
mit dem Chef einstimmt. Rund hundert
Musiker beleben die Bühne: Der Pauker schickt einen Trommelwirbel in den Raum,
durchkreuzt die Tonfolgen des Trompeters.
Schon geigen Kolleginnen entschieden
dazwischen. Dann mischt sich eine Klarinette
mit hellen, freundlichen Klängen ein,
bis ein mächtiger Kontrabass erfolgreich
dagegen anbrummt. Es herrscht musikalisches
Chaos in der Münchner Philharmonie
— und es wird immer lauter.
Jeder im Ensemble weiß, der Maestro
wird auch heute wieder Leistung, Leidenschaft
und Perfektion fordern. Dafür ist
Mariss Jansons bekannt. Dafür lieben ihn
seine Musiker. Seit 2003 leitet er das
Orchester. Das macht er so erfolgreich, dass
er mit seinen Musikern in diesem Jahr den
Grammy gewann. Den Musik-Oscar verdienten
sie sich mit der Einspielung der Symphonie
Nr. 13 von Dmitrij Schostakowitsch.
Plötzlich verstummen alle Instrumente.
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