ROCCO FORTE ÜBER EHRGEIZ

Mit Fleiß und Professionalität hat Sir Rocco Forte eine Reihe von Luxushotels aufgebaut. Nicht nur als Geschäftsmann, auch als Triathlet sucht der 61 Jahre alte Brite den Wettbewerb.

Ihr italienischer Vater hat in England mit einer Eisdiele angefangen. Daraus entwickelte er eine Hotelkette mit 800 Häusern. Später adelte ihn die Queen zum Lord. Sie übernahmen sein Lebenswerk und verloren es 1996, durch eine feindliche Übernahme. Heute führen sie eine wachsende Kollektion Luxushotels. Die Queen hat sie zum Sir geadelt. Sir Rocco Forte, ist Erfolg für Sie eine Frage der Ehre?
Wenn überhaupt, dann ist Erfolg für mich ein Bedürfnis - und ein Vergnügen. Wenn ich etwas mache, gebe ich alles. Mein Vater war genauso.

Ihr Vater konnte nur gewinnen, während Sie bereits in einer privilegierten Position starteten. Woher kommt Ihr Ehrgeiz?
Ich mag es, etwas zu bewegen. Wer kreativ ist, hat das in sich. Man tut, was man tun will und denkt nicht daran, was man verlieren könnte -, obwohl es natürlich immer ein Risiko gibt.

Was treibt Sie?
Man liest oft genug, dass die Angst vor Misserfolgen Menschen am stärksten motiviert. Da ist was Wahres dran. Es ist schwer, mit Niederlagen zu leben, deshalb ist die Angst vor dem Scheitern immer präsent -, auch wenn Menschen verschiedenen sind: Es gibt Spieler wie den Selfmade-Man und Hotelier Jimmy Goldsmith, der sein Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut hat, um dann alles zu verkaufen. Und es gibt Menschen, wie den Verleger Rupert Murdoch, der wohlhabend begonnen hat und trotzdem immer mehr erreichen wollte. Das finde ich sehr ehrgeizig.

Wo stößt der Ehrgeiz an seine Grenzen?
Wenn aus Ehrgeiz Gier wird. Gierigen Menschen geht es in erster Linie um Macht und Geld, Ehrgeizige wollen dagegen kreativ sein und etwas schaffen. Auf lange Sicht bringt Ehrgeiz weiter als Gier, weil es für alles im Leben einen Ausgleich gibt, eine Balance: Du bekommst, was Du gibst. Deshalb ist es so wichtig, ehrlich und integer zu arbeiten und freundlich zu sein. Auch wenn es immer wieder Menschen gibt, die mit dem Gegenteil weiterkommen. Vielleicht bekommen sie die Rechnung später? Man muss nicht an ein Leben nach dem Tod glauben, um zu verstehen, dass irgendwann alles zurückkommt und sei es im Alter.

.....

Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Als ich noch jung war, habe ich gefochten und wenn ich nicht gut war, ging ich in die Luft. Aber damals habe ich auch noch nicht so hart trainiert wie heute. Obendrein war ich leicht zu irritieren, setzte mich enorm unter Druck und konnte nur schlecht mit negativen Gedanken umgehen. So etwas mindert die Leistung vor allem in kurzen Zweikämpfen enorm. Bei langen Wettbewerben wie den Ironman habe ich mehr Zeit, mich zu konzentrieren. Obendrein ich bin immer gut vorbereitet und gebe das Beste. So verhindere ich Niederlagen.

Haben Sie sich jemals für Teamsport interessiert oder liegt es in der Natur der Ehrgeizigen, Einzelkämpfe vorzuziehen?
In der Schule hatte ich keine Wahl, weil ich zu klein war, um in Kricket- oder Rugby-Teams zu passen. So richtig gewachsen bin ich erst mit 16. Doch auch wenn ich dadurch im Sport zum Einzelkämpfer wurde, glaube ich an Teams. Eine Gruppe kann viel effektiver sein, als einer allein. Das gilt für alle Bereiche. Deshalb höre ich auch auf meine Mitarbeiter besonders auf meine Schwester Olga, die als Designerin alle meine Hotels ausstattet.

Wie gehen Sie mit Widerspruch um?
Wenn ich absolut von etwas überzeugt bin, ändere ich meine Meinung nicht. Das Hotel in St. Petersburg war so ein Fall. Jeder hielt es für total verrückt, dort ein Luxushotel zu eröffnen. Ich habe es trotzdem gemacht. Wenn ich mir sicher bin, brauche ich keine Ratschläge.

Was macht Sie sicher? Ihr Instinkt?
Meine Erfahrung. Instinkt entwickelt sich durch Erfahrung. Weisheit und Erfahrung kann man gar nicht hoch genug schätzen.

....

Was bewundern Sie an Ihrem Vater?
Er strahlte Unbesiegbarkeit aus. Keine Herausforderung schien zu groß, nichts war unmöglich. Er hat immer einen Weg gefunden. Wenn es darauf ankam, konnte er sehr hart sein - und sehr einnehmend. Nie hat er sich unterlegen oder minderwertig gefühlt, auch wenn ihm sehr wohl bewusst war, dass manche Menschen mehr wussten oder konnten als er. Er hat das akzeptiert und von ihnen gelernt. Seine Mitarbeiter haben an ihn geglaubt. Sie wussten: Wenn man mit einem Problem zu ihm kam, ging man mit einer Lösung weg. Er kam immer direkt auf den Punkt. Diese Fähigkeit hat er mir vererbt.

Sie waren der einzige Junge unter fünf Schwestern. Schon als 13jähriger arbeiteten Sie im Hotel Ihres Vaters. Ihr Weg als Thronfolger war vorgezeichnet. Träumen Sie manchmal von einem anderen Beruf?
Nein. Ich mag, was ich mache. Außerdem kann ich nichts anderes.

Erfolg im Beruf und Zeit für die Familie, passt das zusammen?
Ich habe nur an Wochenenden und in den Ferien Zeit für meine Familie. Wenn Sie ein erfolgreicher Unternehmer sein wollen, läuft es darauf hinaus. Man kann im Leben nicht alles haben. Trotzdem kümmere ich mich um meine Familie. Meine Töchter gehen ohnehin schon ihre eigenen Wege und mein Sohn ist 14 und hat ganz andere Interessen als ich. Er interessiert sich nicht für Sport, ich kann ihn also nicht mit zum Fahrradfahren nehmen. Vielleicht kann ich später eine Gemeinsamkeit mit ihm finden. Mein Vater hatte es leichter. Wir waren beide leidenschaftliche Jäger und Fischer und haben das zusammen gemacht, auf diese Weise haben wir uns gesehen.

Wie viel italienischer Macho steckt in Ihnen?
Was ist das? Machos sind nicht typisch italienisch. Ja, ich bin ziemlich männlich, aber das bedeutet nicht, dass ich ein Chauvinist bin, auch wenn mich manche dafür halten. Ich bin altmodisch. Ein bisschen. Aber ich stelle mehr Frauen als Männer ein.

Warum?
Frauen haben einen Instinkt dafür, aus einem Haus ein Heim zu machen. Darum geht es im Hotelbusiness. Abgesehen davon sind Frauen in jeder Beziehung unmöglich. (lacht) Ich glaube, Männer sind bessere Teamplayer. Definitiv. Frauen sind individueller, politischer, mehr auf der Lauer. Ihnen entgeht kein Detail. Außerdem sind sie unberechenbar und haben Kinder. Es ist sehr schwierig für eine Frau, eine große Karriere zu machen und gleichzeitig kleine Kinder zu versorgen.

Was ist für Sie die größte menschliche Leistung?
Auf sein Leben zurückzublicken und zu denken: „Das war’s wert. Ich habe das Beste aus meinen Fähigkeiten gemacht und sie nicht verschwendet.“

Sind Sie schon so weit?
Ja. Natürlich gibt es immer schwierige Phasen, aber die gehören zur persönlichen Entwicklung. Ohne sie lernt man nichts. Man kann intelligent sein, Bücher lesen und trotzdem nichts verstehen. Erst die Erfahrung macht den Unterschied. Es bedarf Höhen und Tiefen, um ein kompletter Mensch zu werden. Und es hört nie auf.